England-Törn 08/06

Es war an der Zeit LinoCat einmal auf Herz und Nieren zu testen und gleichzeitig die Crew auf Magen und Nerven.

Welches Ziel bot sich hier besser an, als die englische Ost-Küste. Kulinarisch kein absolutes Highlight bot es uns uns doch wechselndes Wetter, massiven Schiffsverkehr, Strömungs- und Gezeiten-Wirrwarr vom Feinsten.

Doch zuerst musste ein grosser Mangel am Schiff beseitigt werden, nämlich die fehlenden 220V während der Fahrt um die Espressomaschine zu betreiben.

Also bekam LinoCat noch einen Mastervolt Sine Inverter mit 2000W und einen automatischen Landstromumschalter, sowie das BTM-III Batteriemessgerät von Mastervolt und eine weitere 140Ah Batterie. 4 mal 140AH sollten eigentlich für einige Tassen Espresso ausreichen.

 

Der Samstag 12.8.06 begrüsste uns morgens leider mit Regen, aber dafür mit einem wunderschönen Regenbogen über dem Deich. Wenn das mal kein gutes Omen war !

Am Nachmittag trafen dann Anja und Andreas ein um die Crew zu komplettieren.

 
Auf der Fahrt nach Norden durch das Ijsselmeer regnete es links, recht und hinter LinoCat aus vollen Kübeln. Nur genau über uns und vor uns war der Himmel blau !

PERFEKT !

 

 

Bei Sonnenuntergang erreichten wir die Schleuse bei Den Oever in die Waddenzee,

Noch die Drehbrücke und wir sind in der Waddenzee, wo wir dann im Dunkeln unseren Weg südlich von Texel in Richtung Westen fortsetzten.

Leider war der Wind uns hier nicht gnädig und so schoben uns die zwei Yanmar Diesel vorwärts.

 
Der Morgen zeigte sich schon mit etwas blau und einigen Wolken und endlich kam auch der Wind in Schwung und wir konnten den Parasailor2 auspacken.

 

 
Das zuletzt installierte AIS erwies sich als sehr kurzweilig und informativ. Ergänzend zum Radar macht es nicht nur Spass mehr über die Schiffe in der Umgebung zu erfahren, sondern durch die Anzeige der Zeit bis zur geringsten Distanz und auch der numerischen Anzeige dieser Distanz (CPA) wird es denn Wenig-Seglern leichter gemacht potentielle Gefahren einzuschätzen. Natürlich ist AIS damit KEIN Ersatz zum Wache gehen, Ausschau halten und Radar, aber eine gute Ergänzung und auch nette Spielerei schon.  
Mein Bruder Andreas beim wohlverdienten Schlaf während der Freiwache.  
Nur um mal den Traffic mit AIS zu zeigen habe ich diesen Screendump gemacht.

Am 13.8. kamen wir dann nachmittags in Lowestoft an.

 
Der Hafen des Royal Suffolk Yacht Club in Lowestoft. Hier muss man sich vor dem Ein- oder Auslaufen über Funk bei der Lowestoft Port Control die Erlaubnis holen da, wie bei vielen Häfen an der Ostküste, der Hafen auch von grossen Berufsschiffen mitgenutzt wird.

Am kommenden Tag wollten wir auslaufen, also Schiff klar, Motoren warm, Leinen los, über Funk anfragen:

"Negative LinoCat, big cargoship coming in in 30 minutes. Please stand by".

Okay, also wieder anlegen und das nächste mal VORHER schonmal anfragen. Wieder etwas gelernt !

 
Am 14.8. haben wir uns auf einen Tag "Segeln vor Ort" geeinigt, da es draussen mit Windstaerke 7 pfiff und der Wind auch noch aus der Richtung kam, in welche wir fahren wollten.

Also 2 Reffs ins Gross und ein Reff in das Vorsegel und eingepickt mit Schwimmweste gefahren.

Zur Belohnung gab es abends an Bord Lammlachse mit Ofenkartoffelstücken und Salat.

 
LinoCat abends, während innen gebrutzelt wird.

Wir liessen alle Fender draussen, falls ein Spätankömmling noch längs gehen wollte.

 
Am 15.8. ging es dann von Lowestoft aus in den Norden. Wohin genau liessen wir erst einmal offen. Als grobes Ziel wurde "The Wash" angepeilt.

LinoCat fuhr brav gegen 2 Knoten Strömung an, da wir das Ausschlafen dem Fahren mit der Strömung den Vorzug gegeben hatten.

 
Bereits im Gebiet "The Wash" angekommen segeln wir weiter bis zum Ort Blakeny und werfen dort Anker.

Hier gibt es ein kleines Video (2,3MB) Windows WMV-Format:

http://www.linocat.de/thewash.wmv

 
Gleich isser weg der Planet !

Aber wir hoffen jedesmal, dass er am nächsten Morgen wiederkommt !

Hier ist bereits das Vorsegel geborgen, gleich wird Anker geworfen.

 
Am 16. August empfängt uns der Planet mit karibischem Wetter (fast).

Andi und ich testen das Caribe Schlauchboot und wollen nach Blakeney damit fahren. Leider ist der Wasserstand aber zu niedrig und so tragen wir nur eine weitere Stunde zur Einfahrtzeit unseres Yamaha Aussenborders bei.

 
Nach einem kleinen "Schwimm" duscht sich mein Bruder Andi an der Aussendusche warm ab. Die Nordsee hat 19 Grad. Brrrrr. Mit Entsetzen muss ich auf dem Bild erkennen, dass der Seezaunverschluss auf dem Deck liegt ;-)  
Da der Tag lässig begann und der Wind eher auch einen ruhigen tag einlegte fuhren wir gemächlich weiter nach Norden zum River Humber.

Zwischendurch gab es für die Freiwachen einen Campari-Orange und Leckereien.

 
Getoppt nur durch den an Bord gebackenen "Karibik-Kuchen".

Daneben liegt der Handsender um den Autopiloten drahtlos zu steuern.

Der Reed-Almanac entpuppte sich als Universalwaffe zur Navigation. Ansonsten hatten wir Imray-Karten dabei, welche stabil und übersichtlich sind. Leider sind die Druckdaten recht alt, so dass man einige Veränderungen dann von Hand nachtragen muss, welche man aber auf www.imray.com runterladen kann.

Für den Raymarine-Plotter verwendeten wir die neue Platinum Karte für England/Irland, da auf meiner Nordseekarte nur der Süden Englands gespeichert war.

 
Der Fluss Humber empfing uns mit tollen Lichtspielen am Himmel. Der Humber ist recht gross und die Schiffahrt dort "heftig".

 

 
Eigentlich hätte LinoCat noch 2 Stunden im Fluss warten müssen. bis die Schleuse geöffnet wird. Aber ein nettes Funkgespräch mit "Grimsby-Fishdock-Lock" und der Hinweis auf einen Tiefgang von nur 1,15m liessen uns früher in die Schleuse gelangen.

Noch ein kleiner Hinweis wir mögen den Kurs auf die Schleuse nach starboard korrigieren, da wir sonst auf eine Sandbank laufen würden und wir waren in der Schleuse.

Jetzt war mir auch klar, warum er GENAU wissen wollte wie lang LinoCat ist, denn die Schleuse hat 12m und wir 11,55m. Für grössere Schiffe wird einfach das hinten im Bild sichtbare Tor nach aussen geschlossen.

 
Grimsby ist eine nette Marina mit einem sehr freundlichen Hafenmeister und dem billigsten Sprit (0,49Pence pro Liter Diesel).

Und: Es gab zum Sundowner auch tatsächlich einen Sunset.

Der nette Schleusenwärter hatte uns berits erzählt, dass im alten Hafen ein Film gedreht wird und so schauten wir bis weit nach Mitternacht mit einigen Engländer zu.

Es wird ein Film über Dünkirchen sein mit Kyra Knightly, die man als Piratenbraut aus Fluch der Karibik kennen sollte.

 
Welche Schande ! Wie un-Seemännisch. Aber typisch für den Tag, als wir unter Motor von Grimsby flussaufwärts nach Hull fahren.

Ausschau halten und den Dickschiffen fern bleiben.

 
Das Schleusenvorbecken von Hull bei Niedrigwasser.

Marina in Google-Earth zeigen

 
Und bei Hochwasser. Während in Grimsby zu Hochwasser die Schleuse als "Freeflow" geöffnet bleibt, muss in Hull immer geschleust werden.  
Ein altes englisches Haus, welches heute als Hotel dient und rechts daneben das moderne Einkaufszentrum von Hull. Das Einkaufszentrum liegt nur circa 3Minuten von der Marina entfernt. Hull-Marina liegt also mitten in der City, während man ins Grimsby eher naja sagen wir mal "ausserhalb" liegt.  
A

Am 18.8. geht es den Humber wieder hinab bis nach Blakeny und dort wird wieder geankert. Selbstverständlich bleibt uns auch die Sonne treu.

Man freut sich ja manchmal schon, wenn der Wetterbericht irrt. Täglich wurde Regen vorhergesagt und wir hatten fast immer schönes Wetter, lediglich ein paar kurze Gewittergüsse dazu.

Diese hatten es dann aber in sich, mit Windgeschwindigkeiten von über 30Knoten. Also wurde immer brav gerefft, wenn solch eine Gewitterzelle näher kam.

 
So sah morgens die nächtlich zurückgelegte Strecke an der Ankerkette aus.  
Ich traue es mich ja fast nicht mehr zu schreiben, aber der 19.August begann wieder nahezu tropisch.  
Und so segelte LinoCat wieder gen Süden zurück nach Lowestoft.  
Am 20.8. ging es dann von Lowestoft aus Kurs Süden Richtung Felixstowe, bzw. Harwich und Ipswich.

Vorher gab es eine kleine Motorendurchsicht und dabei wurde auch die Muschelsuppe aus dem Seewasserfilter entfernt.

Auf dem BB Saildrive lag etwas Getriebeöl und im Motorraum circa 4L Wasser, welche ich dann ausgepumpt habe. Woher die kamen ? Keine Ahnung ! Ich habe es dann weiter beobachtet und wurde bisher nicht weiter fündig.

(Inzwischen geklärt, es kam wohl über den Schlauch der Heckdusche, die mein Bruder ja nachweislich des Bildes weiter oben ausgiebig genutzt hatte)

Fahren ohne Motor ist eh besser, hier ein kleines Video von diesem Tag bei 8,5Knoten unter Segeln.

http://www.linocat.de/uk2008.wmv

2,7MB Windows WMV Format

 
An diesem Tag hatte LinoCat auch seine 1000. Seemeile hinter sich.  
Und wieder tolles Wetter und tolles Licht bei der Anfahrt auf Felixstowe.  
Mit dem fangen wir lieber kein Rennen an  
England wie man es sich vorstellt.  
Die Brücke kurz vor Ipswich  
Marina mitten in der Stadt. Insgesamt ein sehr sehenswertes Städtchen.

Hier gibt es auch "BroadBlue"-Katamarane zu kaufen und im Hafen auch eine 385 zu sehen.

 
Beim Sundowner vorne im Netz liegend faucht es plötzlich und ein junger Schwan macht dicke Arme. Ich wollte Ihn dann locken  an Bord zu kommen, aber die Treppen waren ihm wohl zu hoch.  
Nachts ging es dann von Ipswich aus wieder mit dem ablaufenden Hochwasser auf den Rückweg zum Festland.

Kurs war auf Zeebrügge und tagsüber konnte man die echte Antwort für den Sportbootführerschein lernen:

Woran erkennt man "arbeitende" Fischerboote ? An den Möwen.

 
Durch den Nord-Westwind hatten wir ideale Bedingungen für den Parasailor und so zog er uns auch einen Grossteil der Strecke.  
Sieht doch toll aus ! Blaue-weisses Segel vor blau-weissem Himmel !

Von Zeebrügge ging es dann nach Scheveningen. In Scheveningen lagen wir an einer belgischen X-35, welche gerade auf dem Rückweg vom Rennen des Audi-X35 Cups in Medemblik war.

 
Am 24.8. trug uns LinoCat von Scheveningen über Ijmuiden in den Nordseekanal Richtung Amsterdam.

Das kleine rote Segelboot hatte vor einen gerade ablegenden Schubverband noch zu überholen, dabei ging ihm aber die Puste aus.

Das kleine Tankerlein hinter ihm gab dann mittels Nebelhorn zu verstehen, was er von der Aktion hielt.

 

 
Die Sten Odin fast neben LinoCat  
So sah das auf dem Plotter aus.  
Und so im Detail. Die Sten Odin hat also schon Verspätung, da heute bereits der 24. war. Kein Wunder, dass er den kleinen roten Segler mit den Nebelhorn scheuchte ;-)  
Man weiss, dass man in Holland ist, wenn die Tragflügelboote Fahrräder oben aufgeladen haben.

Wie war das nochmal? Was tragen die nachts ? Ach ja da war doch was mit Funkelfeuer...

 
Nach einem Super-Abendessen in Amsterdam und einem Treffen mit 2 Freunden führte uns die Reise weiter ins Inland.  
Bis zur Oranjesluis, wo dann das Markermeer beginnt.  
Und hier die Grenze zum Ijsselmeer, die Schleuse bei Lelystad. Hier gab es dann noch ein kurzes Intermezzo mit einer Gewitterwolke.  
Fast hatte man den Eindruck LinoCat beeile sich wieder zu seinem Liegeplatz zu kommen. Er nutze den perfekten Segelwind um sich direkt wieder gegen Nachmittag nach Lelystad zu bringen.

710 Seemeilen in 13 Tagen.

Eine gute Bewährungsprobe für LinoCat und auch seine Crew.

 
  DAS WARS fürs Erste !